Der neu veröffentlichte Koalitionsvertrag 2025 („KV 2025“, offizielles Dokument hier abrufbar) skizziert die Agenda der neuen Bundesregierung für die nächsten vier Jahre. Im Hinblick auf die Kultur- und Medienpolitik der Bundesregierung sieht der KV 2025 wichtige Maßnahmen zur Stärkung des Filmstandorts Deutschland und zur Weiterentwicklung der Filmwirtschaft vor. Besonders hervorzuheben sind die Vorschläge zu neuen Regulierungs- und Förderinstrumenten, die für die Medien-, Film- und Kreativwirtschaft von strategischer Bedeutung sind.
Reform der Filmförderung: Steueranreizmodell und Investitionsverpflichtung
- Reform des Filmfördersystems: Die Bundesregierung kündigt eine grundlegende Reform der Filmförderung an (Z. 3889), um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Drehortes Deutschland nachhaltig zu stärken.
- Steueranreizmodell: Geplant ist die Einführung eines steuerlichen Anreizmodells (Z. 3890), das Investitionen in Filmproduktionen attraktiver machen soll. Die vorherige Bundesregierung hatte bereits ein ähnliches Modell diskutiert, bei dem ein bestimmter Prozentsatz - die Forderungen reichten von 10% bis 30% - der förderfähigen Produktionskosten für Filme oder Serien steuerlich absetzbar ist. Derartige Anreize gibt es bereits in vielen europäischen Ländern. Die Einzelheiten (einschließlich des endgültigen Prozentsatzes) des angekündigten Modells werden Teil der Verhandlungen der neuen Koalitionsparteien sein.
- Investitionsverpflichtung: Das steuerliche Anreizmodell soll durch eine Investitionsverpflichtung für Anbieter von VOD-Plattformen ergänzt werden (Z. 3890) – eine weitere Maßnahme, die bereits von der vorherigen Bundesregierung diskutiert wurde. VOD-Plattformen wären danach verpflichtet, einen bestimmten Prozentsatz - im Gespräch waren 20% - ihrer deutschen Einnahmen in europäische Produktionen zu reinvestieren. Die Einzelheiten sind jedoch unklar und müssen ebenfalls noch von der neuen Koalition ausgearbeitet werden.
- Deutsches Filmförderungsgesetz: Das Filmförderungsgesetz soll in enger Abstimmung mit der Branche weiterentwickelt werden (Z. 3891); der KV 2025 nennt jedoch keine Schwerpunkte oder konkrete Änderungen.
- Förderprogramme: Die Bundesregierung will Kinobetreiber durch verlässliche Förderprogramme für Investitionen und kulturelle Vielfalt (Z. 3892) unterstützen.
- Plattformabgabe: Die Bundesregierung will die Einführung einer seit längerem diskutierten Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen, prüfen; die Einnahmen sollen dem "Medienstandort zugutekommen" (Z. 3913). Details zur Abgabe, insbesondere zum beabsichtigten Umfang und den betroffenen Akteuren, sind noch nicht bekannt.
- Filmerbe: Auch die digitale Sicherung des Filmerbes soll weiter vorangetrieben werden (Z. 3893).
Musikindustrie, Clubs und Verlagswesen
- Förderung der Popkultur: Die Bundesregierung setzt sich für eine gezielte Förderung der Musikwirtschaft und der Popkultur ein - insbesondere über die "Initiative Musik" (Z. 3895) und andere bundesfinanzierte Programme.
- Schutz von Vereinen: Es ist geplant, so genannte "Kulturschutzgebiete" einzurichten (Z. 3896), in denen Clubs rechtlich als geschützte Kulturstätten besonders abgesichert werden sollen.
- Herstellung von Musikinstrumenten: Auch für den Musikinstrumentenbau werden sektorspezifische Ausnahmen erwogen (Z. 3898).
- Verlagswesen: Zusammen mit den Ländern soll eine strukturelle Verlagsförderung zur Sicherung der Vielfalt auf dem deutschen Buchmarkt geprüft werden (Z. 3899).
Faire Vergütungsmodelle und soziale Absicherung von Künstlern und Kreativen
- Faire Vergütung: Ein zentrales Anliegen der Bundesregierung ist die Stärkung fairer und transparenter Vergütungsmodelle, insbesondere im digitalen Musikmarkt (Z. 3903). Damit soll sichergestellt werden, dass kreative Leistungen angemessen vergütet werden und geistige Eigentumsrechte konsequent durchgesetzt werden können (Z. 3902).
- Soziale Absicherung für Künstler und Kreative: Gleichzeitig sollen die sozialen Sicherungssysteme für Künstler und Kreative gestärkt und besser auf die oft projektbezogenen, hybriden Beschäftigungsformen in der Kunst- und Kreativwirtschaft abgestimmt werden (Z. 3905).
Bewahrung der Medienvielfalt
- Duales Rundfunksystem: Die Bundesregierung will sowohl die Pluralität des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems (Z. 3911) als auch faire Regulierungs- und Refinanzierungsbedingungen der privaten Medienunternehmen (Z. 3912) stärken.
- Stärkung des Wettbewerbs: Das Wettbewerbsrecht soll auf allen Ebenen weiterentwickelt und mit dem Medienkonzentrationsrecht der Länder verzahnt werden, auch um Zusammenschlüsse von Medienunternehmen und Anbietern medienrelevanter Infrastruktur besser zu kontrollieren (Z. 3920).
Europäische Perspektive, Games und Jugendschutz
- Aufbau einer europäischen Medienplattform: Die Bundesregierung wird die Entwicklung einer europäischen Medienplattform unter Beteiligung von ARTE, dem deutsch-französischen, öffentlich-rechtlichen Sender, unterstützen (Z. 3941). Dies steht im Einklang mit bestehenden Plänen, ARTE zu einer paneuropäischen Plattform weiterzuentwickeln, indem unter anderem das mehrsprachige Angebot ausgebaut und Partnerschaften mit anderen europäischen Sendern gestärkt werden.
- Schutz von Minderjährigen: Die Bundesregierung betont die Bedeutung von Medienkompetenz im digitalen Zeitalter und plant, den Jugendmedienschutz zu stärken (Z. 3944). Ziel ist es, einen kohärenten Rechtsrahmen auf Europa-, Bundes- und Landesebene zu schaffen, um Parallelstrukturen abzubauen und die Rechtsdurchsetzung zu vereinfachen (Z. 3946). Konkret soll das Jugendschutzgesetz an den DSA und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag angeglichen werden (Z. 3947). Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf technischen Schutzmaßnahmen: Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Altersverifikationssysteme auf digitalen Geräten europaweit zum Standard werden - mit möglichen Auswirkungen auf Gerätehersteller, Plattformbetreiber und App-Anbieter (Z. 3948).
- Games: Games sind ein Kulturgut und Innovationsmotor, weshalb der Gamesstandort Deutschland durch steuerliche Anreize und andere Förderprogramme unterstützt werden soll.
Fazit
Der KV 2025 hebt die entscheidende Rolle der Medien- und Kreativwirtschaft sowie der Medienvielfalt für die Stärkung Deutschlands als Innovations- und Kulturstandort hervor. Zur Bewältigung aktueller und zukünftiger Herausforderungen erwägt die neue Bundesregierung eine Reihe von Regulierungsmaßnahmen, die diesen Sektor sichern und stärken sollen. Insbesondere steuerliche Anreize, Investitionsverpflichtungen, eine mögliche neue Plattformabgabe und ein verändertes Konzentrationsrecht für Medienunternehmen stellen zentrale Instrumente dar, die Branchenakteure frühzeitig im Blick haben und aktiv mitgestalten sollten.